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1. FC Nürnberg

Michael Köllner sieht Nachholbedarf

Im Interview mit „t-online.de“ spricht Nürnbergs Trainer Michael Köllner über den bisher überraschenden Saisonverlauf, das System der Spielerberater und über die Nachwuchsförderung in Deutschland, wo er einst selbst tätig war.

„In fünf von sieben Spielen haben wir gut gespielt“

Acht von 21 möglichen Zählern holte der FCN aus den ersten sieben Partien, ein solider Wert und nach Hochrechnungen am Ende der Saison genug Punkte gegen den Abstieg. Doch einen, besser gesagt zwei Wermutstropfen gibt es dennoch: Die Auswärtsspiele bei Dortmund (0:7) und in Leipzig (0:6). Das Auftreten der Mannschaft hatte jeweils sehr wenig mit Bundesliga Tauglichkeit zu tun. Köllner sieht die Situation ähnlich: „Die zwei hohen Niederlagen gegen Dortmund und Leipzig schlagen natürlich etwas aufs Gemüt. Aber in fünf von sieben Spielen haben wir gut gespielt. Das muss man in die Beurteilung mit einbeziehen und das stimmt uns zuversichtlich für die kommenden Aufgaben.“

Köllner weiter auf die Frage, wie er die beiden hohen Niederlagen erklären könne: „In beiden Spielen haben wir ein frühes Gegentor kassiert, ein zweites gleich hinterher. Die Spiele haben dann eine Eigendynamik entwickelt, die wir nicht stoppen konnten.“ Auch bringt er ein, dass seine junge Mannschaft auf diesem hohen Niveau noch unerfahren sei. „Entsprechend wichtig ist es jetzt, dass wir aus diesen Erlebnissen gegen die beiden Top-Teams der Liga die richtigen Schlüsse ziehen.“

Die aktuelle Länderspielpause nutzt der Trainer, um viel mit seinem Team zu sprechen, sowie neben dem Platz ein mentales Training hinzuzufügen. „Was bezüglich des Lernprozesses für die Spieler gilt, gilt natürlich auch für mich“, erkennt Köllner und nimmt sich dabei auch selbst in die Plicht. Er ist der Überzeugung, dass der Nürnberger Weg, mit jungen Spielern gemeinsam etwas aufzubauen, der richtige ist und lässt sich nicht durch einzelne Rückschläge davon abbringen.

Der Jugendfußball hat sich verändert

Dass Michael Köllner einige Jahre als Talentförderer tätig war, ist für seine Arbeit mit einer jungen Mannschaft natürlich von Vorteil. Er weis, wie man mit jungen Spielern umgeht und auf sie am besten einwirkt. Ein Grund, warum Nürnberg im Sommer keine großen Transfers tätigte, sondern junge und talentierte Spieler an den Valznerweiher holte.

Nürnbergs Trainer sieht den Jugendfußball heutzutage jedoch stark verändert. Er spricht an, dass Beidfüßigkeit beispielsweise früher nicht so selbstverständlich war wie heutzutage. „Das hängt mit der Ausbildung zusammen, die heutzutage viel breiter gefächert ist. Ob in den Vereinsstrukturen oder der Präsenz des Fußballs im Alltag. Die Professionalisierung beginnt schon im Jugendalter“, analysiert Köllner die heutige Jugendarbeit.

Doch auch strukturell gibt es im Vergleich zu früher wenig Ähnlichkeiten im Jugendfußball. Junge Talente haben bereits früh einen eigenen Berater, die Rolle des Geldes wird eine immer größere. Köllner sieht die Entwicklung kritisch. Er pflichtet zwar der Tatsache bei, dass ein Berater eine wichtige Rolle spielt und einem jungen Spieler im unübersichtlichen Markt eine nötige Hilfestellung gibt, jedoch ist er mit dem heutigem System nicht einverstanden.

„Jeder kann heutzutage Spielerberater werden, das ist die falsche Herangehensweise und birgt das Risiko, dass es den Beratern nicht um die Spieler, sondern um den eigenen Vorteil geht“, analysiert er das Modell kritisch und hat gleich einen Verbesserungsvorschlag parat: „Berater sollten geschult werden und auch die Auswahl, wer überhaupt diesen Job ausüben darf, sollte genauer geprüft werden.“

Ausbildungssystem in Deutschland veraltet

„Das Ausbildungssystem in Deutschland war jahrelang das Vorzeigemodell“, geht Köllner auf die Jugendarbeit ein. Doch es ist deutlich, dass Frankreich oder auch England in den letzen Jahren an Deutschland vorbeigezogen ist. Nach dem WM-Sieg 2014 fühlten sich die Verantwortlichen bestätigt, die richtigen Wege gegangen zu sein. Doch spätestens nach dem WM-Debakel in diesem Sommer ist klar: „Deutschland hat Nachholbedarf in der Entwicklung von Talenten“, meint auch Köllner. Der Club-Trainer sieht das Vorrunden-Aus jedoch als Wendepunkt und Chance in der Entwicklung: „Oft sind es genau diese negativen Erlebnisse, die der erste Schritt zur Besserung sind. Diese Phasen haben Länder wie Spanien, Frankreich oder England auch hinter sich.“

Weltmeister Frankreich beispielsweise lobt Köllner für das aktuelle Konzept, welches perfekt auf die Strukturen des französischen Fußballs abgestimmt sei. „Ob die generelle Ausbildung der Spieler, die Berücksichtigung der Liga-Strukturen oder die Verteilung von jungen Spielern über Draft-Systeme. Die Franzosen haben einen auf sich ideal abgestimmten Weg gefunden. Genau da müssen auch wir wieder hin“, meint Köllner.

Auf die Frage, ob dies gelingen werde, antwortet der Oberpfälzer wie gewohnt optimistisch: „Wenn wir einen klaren Plan entwickeln, an einem Strang ziehen und unsere klugen Köpfe gezielt einsetzen, bin ich da sehr zuversichtlich.“