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Hamburger SV

HSV-Kaderplanung: Hecking und die Entdeckung der Wirtschaftlichkeit

Derzeit tauchen in der Bundesliga große Namen auf, wenn es um die Kaderplanung für die kommende Saison geht. Da mag es manch einem entgangen sein, dass auch in der zweiten Liga mächtig personell rotiert wird. In dieser Disziplin glänzte der Hamburger SV in den letzten Jahren äußerst selten. Doch in der aktuellen Transferperiode beweist der ehemalige Bundesliga-Dino fast ungewohnte Geschicklichkeit, bedient sich bei der Zweitligakonkurrenz und sichert sich die Dienste fähiger Spieler zu günstigen Konditionen. Wie gestaltet sich diese neue Wirtschaftlichkeit unter der Leitung von Dieter Hecking auf dem Platz?

Hecking und der große Umbruch

Am vergangenen Montag und Dienstag fand beim Hamburger SV die zu Saisonbeginn obligatorische Leistungsdiagnostik statt. Der Fitnesszustand aller Spieler wurde auf Herz und Nieren geprüft bevor es einen Tag später mit dem offiziellen Trainingsauftakt weiterging. Der neue Übungsleiter Dieter Hecking spricht vom großen Umbruch und machte gegenüber dem „kicker“ deutlich, dass es für alle Beteiligten zunächst ums Eingewöhnen in die neue Mannschaftskonstellation geht.

Mit sieben Neuzugängen und einigen Abgängen ist der Kader tatsächlich in einer ganz neuen Zusammensetzung. Der HSV verpflichtete zuletzt Sonny Kittel vom FC Ingolstadt und gewann Adrian Fein vom FC Bayern per Jahresleihe hinzu. Geht es nach Heckings Wünschen soll zudem noch der gestandene Verteidiger Ewerton vom 1. FC Nürnberg in den Norden wechseln. Nach den Abgängen einiger bekannter Namen wie Filip Kostic, Lewis Holtby, Pierre-Michel Lasogga, Orel Mangala und Jan Fiete Arp setzte der Nordclub auf günstige Neuverpflichtungen und ablösefreie Leistungsträger der Ligakonkurrenz. Diese Personalsituation gilt es nun für Dieter Hecking in ein stimmiges System umzuwandeln.

Bringt ein neues Konzept den Aufstieg?

In der vergangenen Saison setzte der HSV auf das Konzept, eine Mannschaft aus hungrigen Youngstern um die erfahrenen Aaron Hunt und Lewis Holtby aufzubauen. Dieses Team sollte durch die individuelle Stärke beispielsweise von Khaled Narey und Douglas Santos ergänzt werden. Doch dieser Plan ging nur bedingt auf. Daher setzt der HSV zum einen darauf die Leistungsträger der letzten Saison zu binden. Zum anderen setzt man auf erfahrene Zweitligaspieler. Mit David Kinsombi, Lukas Hinterseer und Jan Gyamerah kommen Spieler an die Elbe, welche bekannten Gesichtern aus dem Hamburger Kader den Stammplatz streitig machen könnten. Der Konkurrenzkampf wird im heckingschen System also eine große Rolle spielen.

Wer muss weichen? Wer führt an?

Auf der Torhüterposition setzte der HSV ein großes Ausrufezeichen. Julian Pollersbeck ist nach einem mehr als durchwachsenen Jahr nicht unangefochten und auch nicht unverkäuflich. Der ehemalige Junioren-Nationalspieler darf allerdings nur bei einem angemessenen Angebot gehen. Sollte er bleiben, wird er mit Neuzugang Daniel Heuer Fernandes konkurrieren müssen. Der ehemalige Darmstädter darf sich hier durchaus gute Chancen auf einen Startplatz ausmalen.

In der Innenverteidigung würde mit Ewerton ein Stammspieler kommen, der die Einsatzminuten von Rick van Drongelen entscheidend einschränken könnte. Der Niederländer und David Bates dürften mit Kyriakos Papadopolous hinter dem wahrscheinlichen Neuzugang konkurrieren. Der bisher aus Mangel an Alternativen gesetzte Gotoku Sakai bekommt mit Jan Gyamerah würdige Konkurrenz. Vom VfL Bochum ablösefrei gekommen, erhebt der Rechtsverteidiger Anspruch auf einen Stammplatz. Nicht anders geht es Neuzugang Jeremy Dudziak, der (ebenfalls ablösefrei) als Rechtsverteidiger vom Stadtrivalen St. Pauli kommt. Sollte Douglas Santos bleiben, führt auf der linken Abwehrseite eigentlich kein Weg an dem Brasilianer vorbei.

Im Mittelfeld ist David Kinsombi eine Bereicherung für den HSV. Er dürfte unter Dieter Hecking gesetzt sein. Ähnlich verhält es sich mit Berkay Özcan. Für den Trainer ist es durchaus von Vorteil, dass die von ihrer Leihe zurückgekehrten Matti Steinmann und Christoph Moritz sowie Vasilije Janjičić und Neuzugang Fein als fähige Alternativen in der Zentrale bereitstehen.

Offensiv bietet sich dem Trainer die optimale Ausgangslage zwischen Erfahrung und großem Talent zu wählen und zu variieren. Sonny Kittel und Aaron Hunt sind die nominellen Zehner im HSV-Kader. Hecking betonte das große Vertrauen, dass er in ehemaligen Ingolstädter Kittel setzt. Hunts Rolle dürfte, besonders neben dem Platz, vermittelnd und leitend sein. Auch Berkay Özcan ist in der Lage diese Rolle auszufüllen, wovon vor allem Janjičićs Spielzeiten profitieren würden.

Jetzt erst richtig in der zweiten Liga angekommen?

Im Sturm wird Lukas Hinterseer der legitime Nachfolger von Pierre-Michel Lasogga. Er kommt ablösefrei aus Bochum und ist spielerisch variabler als sein Vorgänger. Hinterseer ist ein äußerst sinnvoller Transfer, in dessen Folge Manuel Wintzheimer erneut wohl nur die Rolle des Aushelfenden zufällt. Auch Bobby Wood darf sich nach den letzten Aussagen der sportlichen Leitung des HSV wieder Chancen ausmalen. Auf den offensiven Außenbahnen hat Hecking die Qual der Wahl. Bakery Jatta, Khaled Narey, Tatsuya Ito und der bald genesene Jairo Samperio erheben alle berechtigterweise Anspruch auf die Startelf.

Es scheint, als habe der HSV das Konzept einer sinnvollen Transferpolitik für sich wiederentdeckt. Die Neuzugänge fangen den Wegfall von Stammspielern der letzten Saison auf und kommen in äußerst preiswertem Gewand. Besonders mit Kittel, Hinterseer, Kinsombi und der festen Verpflichtung von Özcan beweist der HSV nach langer Zeit wieder eine klare Linie bei der Personalgestaltung. Dieter Hecking dürfte seit langem der erste Trainer beim HSV sein, der aus einem homogenen und ausreichenden Kader schöpfen kann. Gerade die Verpflichtung von Spielern der Ligakonkurrenz deutet an: Der HSV scheint bei der Kaderplanung ein Jahr gebraucht zu haben um in der zweiten Liga anzukommen.