Please assign a menu to the primary menu location under MENU

Hannover 96

96-Mitglieder setzen Zeichen für 50+1 – Wohin führt Kinds Weg?

Hannover 96 Pro Verein 1896 Carsten Linke Martin Kind Sebastian Kramer Bundesliga 50+1

In Hannover zeichnet sich der Beginn einer neuen Zeitrechnung ab. Auf der Mitgliederversammlung am Samstag setzte es für den umstrittenen Präsidenten Martin Kind und seine Unterstützer eine niederschmetternde Niederlage. Der 74-Jährige ist seit über 20 Jahren das Gesicht von Hannover 96 und hatte bereits im Vorfeld seinen freiwilligen Rückzug angekündigt. Die Lage bei Hannover 96 bleibt jedoch gewohnt kompliziert.

Fraktion von Linke räumt ab

Die Mehrheit der 2087 stimmberechtigten Mitglieder in der Swiss Life Hall ließ keinen Zweifel daran, dass sie mit dem von 50+1-Gegner Kind eingeschlagenen Weg nicht einverstanden sind. So gingen alle fünf vakanten Sitze im Aufsichtsrat des e.V. an Kind-Feinde der Oppositionsgruppe Pro Verein 1896. Dazu gehört mit Carsten Linke auch ein früherer 96-Kapitän. Besonders Linke wird als Aufstiegsheld von 2002 in Hannover sehr geschätzt und ist in der Region gut vernetzt. „Der Unmut ist über die letzten Jahre gewachsen“, spielte Linke auf die Dauer-Diskussion um Kinds 50+1-Pläne und den Stimmungs-Boykott an.

Mit 1444 Stimmen bekam der einst beinharte Innenverteidiger von allen Kandidaten die meiste Bestätigung. „Wir wollen den Breitensport fördern, das Zwei-Säulen-Modell mit dem Profifußball aufrechterhalten, gleichzeitig aber auch das Mitspracherecht wieder so leben, wie es sein soll“, so der 53-Jährige. Kind selbst nannte das „Zwei-Säulen-Modell“ ein „Erfolgsmodell“. Er wird ungeachtet der Wahl-Schlappe weiterhin Geschäftsführer sowie Hauptinvestor der ausgegliederten Profiabteilung bleiben und sich nicht direkt zurückziehen. Erst „in einem, maximal zwei Jahren“ plant er den Wechsel in den Aufsichtsrat. „Es gibt ein Profifußball-Unternehmen und einen eingetragenen Verein“, stellte Kind klar, „das sind unterschiedliche Aufgaben.“

Kind warnt und mahnt

Gemeinsam mit drei weiteren Geldgebern, darunter Drogerieunternehmer Dirk Roßmann, besitzt Kind über die Sales & Service GmbH faktisch bereits tatsächlich zu 100 Prozent die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, also die Profiabteilung. Deren Geschäftsführer wird jedoch durch die Komplementärin Management GmbH bestimmt. In dieser besitzt aufgrund der 50+1-Regel der Verein die Entscheidungsgewalt und könnte Kind gefährlich werden. Die DFL hatte Kinds Ausnahme-Antrag zu 50+1 zwar zunächst abgeschmettert, eine endgültige Entscheidung des Ständigen Schiedsgerichts steht jedoch noch aus. Der Ausgang ist völlig offen.

Den Vertretern von Pro Verein 1896 ist die angestrebte Ausnahme von 50+1 ein Dorn im Auge. Die jüngsten Tendenzen im Verein gefährden Kinds Pläne, gedenkt er doch als ihr aktueller Geschäftsführer die Management GmbH mehrheitlich zu übernehmen. „96 muss aufpassen, welchen Weg man geht“, warnte Kind, „wir wollen in der ersten Liga spielen, nicht in der vierten.“ Und „die KgaA, die S & S und die HDI-Arena gehören den vier Gesellschaftern, erklärte Kind, „falls es mögliche weitere Investoren geben sollte, müssen sie mit uns reden, nicht mit dem Aufsichtsrat oder Vorstand. Wir sind da gesprächsoffen.“

Dauer-Brandherd 50+1

„Wir wollen Transparenz in den Entscheidungen und dass die Mitglieder bestimmen können. Wenn die Mitglieder entscheiden, dass der Verein Martin Kind übergehen kann, werden wir das auch demokratisch akzeptieren und leben“, sagte dagegen Linke. Während sich Kind nach über 20 Jahren an der Spitze nun notgedrungen zumindest aus dem e.V. zurückzieht, gilt der ehemalige Fanbeauftragte Sebastian Kramer als sein designierter Nachfolger. Der 42-Jährige gilt als Kind-Kritiker, möchte sich zu „Gesprächen treffen“ und bezeichnet die Rücknahme des 50+1-Antrags als „imaginäres Ziel“.

„Es ist sicher nicht einfach“, gesteht Kind. Er weiß, dass dies nun der Aufbruch in eine andere Zeit sein könnte, er sieht „ein neues Team mit neuen Konzepten, neuen Ideen“, betonte aber: „Ich denke, es ist dessen Verantwortung, aktiv zu sein“. Die wirtschaftliche Lage sei derweil ebenso „desaströs wie die sportliche Situation.“ Er prognostizierte der Profiabteilung im Falle eines Abstiegs ein Minus von 35 Millionen. Das jüngste 0:5 im Test gegen Arminia Bielefeld waren für Kind fünf weitere Tiefschläge. Der fünfköpfige Aufsichtsrat lässt grüßen.