Nach Pleite bei Union: Reus vermisst „Wille und Leidenschaft“
Vor der Saison rief man bei Borussia Dortmund unmissverständlich die Meisterschaft zum erkorenen Saisonziel aus. Eine Tatsache, die nach bereits drei Bundesliga-Spieltagen einen prekären Charakter bekommt. Aus einer auf dem Papier übermächtig erscheinenden Dominanz holte man gegen Union Berlin nichts Zählbares. Die Westfalen verlieren und stehen früh in der Saison vor einem Problem. Kapitän Marco Reus stellt den Willen seines Teams in Frage und auch Sportdirektor Michael Zorc findet die Einstellung der Spieler „äußerst bedenklich“.
Sieg dank Wille und Leidenschaft
Die Zahlen des Spiels vom Samstagabend sprechen eine deutliche Sprache. Der BVB spielte gegen Union Berlin 762 Pässe, die Gastgeber zum Vergleich nur 255. Der Ballbesitz war mit 74 Prozent für die Schwarz-Gelben deutlich verteilt. Doch Union Berlin fuhr zu Hause dennoch einen 3:1-Sieg ein. Den Grund dafür liefert ebenfalls die Statistik. Mit fast 127 Kilometern liefen die Berliner sieben Kilometer mehr als die Spieler von Lucien Favre. Union hatte mehr Ecken, mehr Torschüsse und über die gesamte Distanz griffen die Dortmunder zwei Mal zu unfairen Mitteln, Union foulte dagegen ganze dreizehn Mal. Eine Statistik, die nur einen Schluss zulässt: Nicht die spielstärkere Mannschaft gewann am Samstagabend, sondern die mit dem größeren Willen. Lange Bälle, betonte Körperlichkeit und eiserne Disziplin schlagen filigrane Technik.
Zorc findet Moral „äußerst bedenklich“
Das Fehlen von Axel Witsel kann keine Entschuldigung dieses Patzers sein. Der BVB riss das Spiel an sich, ohne es jemals wirklich zu kontrollieren. Während Union mauerte und auf Fehler hoffte, scheiterten die Dortmunder viel zu oft bei der Suche nach Lücken und kreativen Ansätzen. Es wirkte als fehle der Wille. Marco Reus sagte nach dem Spiel, dass zuerst „Wille und Leidenschaft“ kämen, danach erst das „Spielerische“. Gegenüber dem „kicker“ sagt Sportdirektor Michael Zorc derweil: „Insbesondere die zweite Hälfte war schwach. Und wenn dann unsere Spieler feststellen, dass die Anderen den Sieg mehr wollten, dann ist das äußerst bedenklich.“ Die Tatsache, dass man in den ersten drei Spielen, gegen vermeintliche Außenseiter fünf Tore kassiert hat, ist dabei eine bittere Randnotiz für den BVB. In den vorherigen Spielen gelang es aber immerhin noch, einen Rückstand mit Disziplin und Willen aufzuholen.
Ähnliche Probleme wie letzte Saison
Die Saison wird nach der Länderspielpause nicht einfacher für den Meister-Aspiranten. Bayern München gewinnt fulminant gegen Mainz 05 und macht anfängliche Schwierigkeiten letztlich vergessen. Der derzeitige Tabellenführer aus Leipzig gab sich in den bisherigen Spielen sogar überhaupt keine Blöße. „Wir haben uns im gesamten Spiel einfach komplett dumm angestellt“, sagt Kapitän Reus nach der Niederlage in Berlin in die Mikrofone. Ein Attribut, dass der nächste Gegner in der Liga, Bayer Leverkusen, noch härter bestrafen könnte als Union, Augsburg und Köln. Gegen Leverkusen dürften sich offensiv wesentlich mehr Räume ergeben. Doch Meister wird, wer besonders die vermeintlichen Pflichtaufgaben löst. Genau damit hatten die Dortmunder schon letzte Saison ihre Probleme. Nun muss der hochgelobte Kader der Borussia erneut mit der alten Schwäche kämpfen.