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Bundesliga

Das Fussballeck-Faninterview mit Justin Kraft

Neue Woche, neuer Gast. Im zweiten Teil unseres Fussballeck-Faninterviews stellen wir in dieser Woche Justin Kraft (@LahmsteigerDE) vor. Justin schreibt für den FC Bayern Blog ‚Mia san Rot‘ und ist unter anderem für die Analyse der Taktik des deutschen Rekordmeisters bekannt. Wenn Fußball ein Kunstwerk wäre, dann würde Justin ein Bild von Philipp Lahm und Arjen Robben wählen, um den Fußballsport zu repräsentieren.

Fussballeck: Hallo Justin, schön, dass Du uns für unser zweites Fußballeck Faninterview zur Verfügung stehst. Für alle, die dich noch nicht kennen, wäre es toll, wenn Du dich einmal kurz vorstellen könntest.

Justin: „Ich bin 24 Jahre alt, studiere in Potsdam und schreibe leidenschaftlich über meinen Lieblingsverein, den FC Bayern. Die meisten meiner Artikel findet man bei Miasanrot. Ab November wird es ein Buch von mir geben, das ich mit einem Kollegen geschrieben habe. Dort versuchen wir in 111 Gründen darzulegen, warum wir den Verein so lieben.“

Fussballeck: Seit wann bist Du Fan deines Vereins und wer hat dich zum Fußballsport gebracht?

Justin: „Fan bin ich seit etwa 1999. Die schmerzhafte Niederlage gegen Manchester United im Champions-League-Finale bekam ich damals nicht so intensiv mit, sie war aber das Erste was ich von den Bayern gesehen habe. Zum Fußball hat mich mein Vater gebracht. Damals hat er mich dazu animiert selbst zu spielen. Für meine Klubwahl war er allerdings nicht zuständig. Sein Herz schlägt mehr für den HSV.“

Fussballeck: Wie und gegen wen war dein erstes Stadionerlebnis?

Justin: „Ironischerweise war das Hertha gegen Hansa Rostock. Ich mochte nie irgendeinen dieser beiden Klubs, wurde aber eingeladen. Mein erstes Stadionerlebnis mit dem FC Bayern war bei einem Auswärtsspiel in Berlin. Damals traf Ballack doppelt – ein Treffer für die Hertha und einer für den FCB.“

Fussballeck: Oftmals wird von der schwersten Bundesligasaison aller Zeiten gesprochen, wie schätzt Du die aktuelle Lage der Liga ein?

Justin: „Ich weiß nicht, ob das auf eine Saison begrenzt werden muss. Fakt ist, dass der Fußball sich in eine gewisse Richtung entwickelt. Man hat es verpasst, einen Mittelweg aus England – die ihre eigene Fankultur zerstört haben – und Deutschland zu finden.

Jetzt erhält die Liga viel Unverständnis für einige radikale Veränderungen. Mit den Engländern und den Spaniern wird man so jedenfalls nicht mithalten können. Hoffenheim ist in der Liga noch ungeschlagen, verlor international bis jetzt jedoch alle drei Duelle. Das Niveau der Liga ist relativ durchschnittlich, was immerhin für Spannung sorgt, international aber kompliziert ist. In der Spitze gibt es zwar Bayern und Dortmund, doch selbst die befinden sich in einer Übergangsphase. Es könnte im internationalen Vergleich ein sehr dunkles Jahr für die Bundesliga werden. Abgeschrieben habe ich sie aber noch lange nicht. Bisher fanden sie immer Wege, um der Konkurrenz etwas entgegenzusetzen. Ich wünsche mir dabei nur, dass die Fans nicht komplett vergessen werden.“

Fussballeck: Robert Lewandowski hat zuletzt öffentlich die Transferaktivitäten des FC Bayern kritisiert. Wie siehst Du das und kannst Du der Einschätzung von Lewandowski folgen?

Justin: „Ich kann ihr definitiv folgen. Beim FC Bayern steht der Umbruch an. In solchen Phasen muss man auch mal Misserfolg in Kauf nehmen. Allerdings ist der Prozess nur schwerlich erkennbar und das wird auch Lewandowski stören.

Einen Plan für die Ära nach „Robbéry“ gibt es noch nicht und der Klub fährt in allen Bereichen eine Strategie, die mich eher an die Neunziger oder Zweitausender erinnert. Fakt ist, dass die Münchner sich mit Innovation, Scouting, Cleverness auf dem Transfermarkt und vor allem auch taktischer Flexibilität im Training und in den Spielen einen Vorsprung erarbeiten müssen, um den finanziellen Rückstand auf die internationale Konkurrenz zu kompensieren. Die ganz großen Summen wird man in München jedenfalls nur ausgeben, wenn sie wirklich überzeugt davon sind. Das finde ich gut, aber dann muss der Plan B auch stehen und das ist nicht immer erkenntlich. Dahingehend kann ich Lewandowski schon verstehen.“

Fussballeck: Bleiben wir beim FC Bayern. Hast Du die „Befürchtung“, dass Carlo Ancelotti seinen Vertrag (bis 2019) beim Rekordmeister nicht erfüllen wird?

Justin: „Bei allem Respekt vor seiner Karriere bin ich etwas glücklich darüber, wenn er geht. Das ist gar nichts persönliches. Ich glaube, dass er vor 4-5 Jahren einen exzellenten Job bei den Bayern gemacht hätte. Er ist aber in meinen Augen der falsche Mann für den Umbruch. Ich denke deshalb, dass Bayern in dieser Saison nochmal zusammenstehen sollte, um den größtmöglichen Erfolg zu haben. Danach würde ich eine andere Lösung und einen respektvollen Abschied von Ancelotti begrüßen.“

Fussballeck: Wie ist deine Meinung zur Testphase mit dem Videobeweis? Denkst du der Videobeweis wird den Fußball entscheidend verändern?

Justin: „Ich finde es schade, dass die Fehler noch in dieser Heftigkeit auftreten. Das darf nicht sein. Allerdings haben viele neue Entwicklungen zunächst ihre Kinderkrankheiten. Auf Dauer glaube ich, dass der Videobeweis den Fußball positiv verändern wird. Ganz einfach, weil er die Schiedsrichter entlasten wird, wenn die Anfangsprobleme behoben sind. Fehler gehören zu jedem Prozess dazu und sollten toleriert werden. Entscheidend ist, dass irgendwann eine Entwicklung zu erkennen ist.“

Fussballeck: Wie schätzt du die Chancen ein, dass die deutsche Fußballnationalmannschaft Ihren Titel in Russland erfolgreich verteidigen kann?

Justin: „Deutschland könnte zwei bis drei Teams schicken, die gute Chancen haben. Sie haben einen Trainer, der taktisch flexibel ist und zu den besten überhaupt zählt. Ich traue ihnen zu, dass sie wieder Weltmeister werden. Zum großen Wurf zählt aber noch mehr als die eigene Qualität. Außerdem ist da mit Frankreich ein Team, das ich als Hauptfavoriten sehe. Ich bin von ihrem Trainer nicht so sehr überzeugt, aber der Kader ist nochmal beeindruckender als der des DFB und das hätte ich vor einigen Jahren kaum für möglich gehalten.“

Fussballeck: Neymar ist diesen Sommer für stolze 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris St. Germain gewechselt. Wie siehst Du die hohen Summen im Fußball und wird es überhaupt irgendwann ein Ende haben?

Justin: „Aktuell sehe ich leider kein Ende. Das alles lässt sich vor den Fans kaum noch rechtfertigen. Auch nicht mit den vielen Geldern die im Umlauf sind. Doch die Fans akzeptieren diesen Zustand ja. Zwar löst er Kopfschütteln aus, aber letztendlich sind sie zu süchtig und können keine Zeichen setzen. Dazu zähle ich auch mich selbst. Solange wir alle diesen Sport weiter „konsumieren“, wird sich nichts ändern. Erst wenn das Ansehen des Fußballs sinkt, sehe ich eine Möglichkeit auf Veränderungen. Aktuell habe ich aber nicht den Eindruck, dass sich etwas tut.“

Fussballeck: Aufbauend auf die vorherige Frage. Wie schätzt Du, gerade im Hinblick auf die finanzstarke europäische Konkurrenz, die Chancen des FC Bayern in der diesjährigen Champions League Saison ein?

Justin: „Der Kader ist im Umbruch und andere haben einfach ganz andere Möglichkeiten auf dem Transfermarkt. Bayern ist von einem der Top-3-Favoriten zum leichten Außenseiter geworden. Nichtsdestotrotz ist der Kader herausragend. Wenn alles passt, sehe ich immer noch Chancen. Die Ziele des Klubs sollten aber nicht kurzfristig ausgelegt sein. Am wichtigsten ist es, dass die Bayern den Anschluss an die Spitze halten und sich wieder eine Mannschaft entwickelt, die bis 2022 ein Mal die Champions League holen kann. Bis dahin sind die Leistungsträger gebunden. Bis dahin kann eine neue Ära geprägt werden.“