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SV Waldhof Mannheim

Vor 40 Jahren: Der Kultklub, den keiner wollte

Waldhof Mannheim Bundesliga

Bundesliga „iwwer de Brick“. Mit dem Saisonstart 1983/84 gab es in der Liga ein Novum. Zum ersten und bis heute einzigen Mal spielte mit Waldhof Mannheim ein Team nicht im eigenen Bundesland.

Die Kurpfälzer erhielten vom DFB eine der berühmt-berüchtigten „Ausnahme-Genehmigungen“, um auf „verbandsfremdem Gebiet“ spielen zu dürfen. Die bekamen später auch Bayer Leverkusen oder RB Leipzig… Aber lassen wir das.

6 Jahre Bundesliga „iwwer de Brick“

Keines der Mannheimer Stadien war Bundesliga-tauglich, so entschied man sich, für einen Zeitraum von zunächst einer Saison – am Ende wurden es 6 Spieljahre – für einen Umzug „iwwer die Brick“ (Pfälzisch: Über die Brücke), ins Südweststadion Ludwigshafen.

Damit zogen die „Waldhof-Buben“, die mit 9 von 20 Spielern aus der eigenen Nachwuchsabteilung in die Saison gingen, direkt ins Kernland des Nachbarn 1. FC Kaiserslautern.

Kurios: Im ersten Bundesliga-Jahr kamen die Mannheimer auf einen höheren Zuschauerschnitt (26.982 Fans) als der FCK (19.017).

Betzenberg hin oder her, das Südweststadion, Schauplatz der DFB-Pokalendspiele 1954 und 1968, war damals mit 41.383 Zuschauerplätzen das größte Stadion in Rheinland-Pfalz.

Lautern konnte der Lockerheit der Mannheimer, die sich vor allem in den Sprüchen von Kult-Trainer Klaus „Schlappi“ Schlappner ausdrückte, nicht mithalten. Ähnlich wie 2004, als mit Mainz 05, Jürgen Norbert Klopp und Christian Heidel welche auftauchten, die für die ironisch-intelligente Brechung des ansonsten bierernsten Fußballgeschäfts standen. Das gab es in Kaiserslautern nur 1990/91 mit Bruno Labbadia und Stefan Kuntz.

16 Tore

Delikat wurde die Angelegenheit auch, weil bei Mannheim ein Stürmer namens Fritz Walter spielte. Der gebürtige Heidelberger erzielte in den ersten 34 Spielen 16 Bundesliga-Tore.

Jahre später warb der 1. FCK mit dieser Immobilien-Anzeige: „Der 1. FC Kaiserslautern sucht für seinen Lizenzspieler Fritz Walter eine 4-Zimmer-Wohnung oder ein Reihenhaus“ um den Stürmer. Trotz der bis heute günstigen Preise in Kaiserslautern: Einen Wechsel zum Betzenberg gab es nicht. Stattdessen schloss sich Fritz Walter II 1987 dem VfB Stuttgart an, brillierte mit Toren und Sprüchen wie „Der Jürgen Klinsmann und ich sind ein gutes Trio… ähm… Quartett.“ 

Am 13. August 1983 war es dann soweit: Premiere für die Bundesliga „iwwer de Brick“, Waldhof Mannheim gegen Werder Bremen (2:0). Das erste Tor erzielte jedoch nicht Fritz Walter (er markierte das zweite…), sondern Alfred Schön. Nach 7 Minuten. Das erste Pfalz-Derby endete am 22. Oktober 1983 mit 2:0 für den FCK, dafür ging das Rückspiel

Das turbulenteste Bundesliga-Spiel SVW gegen FCK endete am 15. April 1987 mit 4:3. Mit 4 Toren von Fritz Walter gegen Kaiserslautern. Das hätte es mit dem „alten Fritz“ nicht gegeben…

Klaus Schlappner hatte trotz des Derby-Sieges genug: „Wir können jetzt in die Osterferien gehen. Ich hab gerade der Mannschaft gesagt: Ich kann se morgen net sehe!“

„Da spielt er diesen Bauernfußball“

„Schlappi“, der Mann mit dem Pepita-Hut und den Malzbier-Werbespots, glänzte damals im „Sportstudio“ des ZDF wie später Ralf Rangnick oder Jürgen Klopp. „Mir könne net mit dem Scheckbuch umgehe, wie Andere des könne“, beschrieb er die finanziellen Verhältnisse in Mannheim doch recht treffend. Waldhof starb selten, aber doch manchmal in Schönheit, wie Schlappner es sah: „Mir hatte zu viele Stürmer, die nur mit dem Arsch wackeln.“

Über die Mannheimer und ihre beinharte Spielweise – Waldhof brachte Abwehrspieler wie Karlheinz Förster, Jürgen „Fußballgott“ Kohler, Christian Wörns („Ich hoffe, dass Rudi Völler den Job länger macht und nicht Erich Ribbeck zurückkommt“) oder Roland Dickgiesser („Die Waldhof-Schule hat vor allem auf der Mentalität beruht“) hervor, freute sich in der Liga nicht jeder.

„Da zieht der Schlappi über die Nationalelf und Beckenbauer her, bezeichnet uns fast als Blinde – und selbst spielt er diesen Bauernfußball“, ärgerte sich beispielsweise ein gewisser Rudolf (Rudi) Völler (vgl.: „Der Günter! Die haben doch Standfußball gespielt früher!“).

„Blinklicht ans Tor“

Was heißt denn hier Bauernfußball? Aber: Die Weisheit des 1987 ausgestiegenen Klaus Schlappner („Wir wer’n e Blinklicht ans Tor hänge, damit se’s treffe“) folgten die Spieler in den Jahren danach nicht wirklich. 1987/88 waren es nur noch 35 Waldhof-Tore (Relegation) und 36 im Jahr 1989/90. Das war zu wenig. Ein Jahr nach dem Rückzug nach Mannheim stiegen die Waldhöfer mit 6 Niederlagen in Folge ab.

„Mir könne nur hoffe, dass St. Pauli net es nötige Kleingeld hat“, glaubte Waldhof-Idol Roland Dickgiesser noch an einen Lizenzentzug des finanziell klammen FC St. Pauli. Alles umsonst.

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