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VfL Wolfsburg

Nach Mexiko-Wechsel: Ex-Wolfsburg-Youngster Adrian Goransch im Fussballeck-Interview

Der deutsche Fußball ist für die Entwicklung von jungen Spielern bekannt. Vor allem in der jüngeren Vergangenheit schafften immer mehr Talente den Durchbruch in der Bundesliga. Doch nicht jeder Youngster hat dieses Glück. Robin Gosens zeigte zuletzt bei Atalanta Bergamo, dass man sich auch über den Umweg ins Ausland etablieren kann. Einen ähnlichen Weg könnte Adrian Goransch gehen.

Der 21-jährige Linksverteidiger spielte bis Anfang des Jahres für den VfL Wolfsburg. Nach zwölf Jahren im Dress der „Wölfe“ wechselte er nach Mexiko. Im Interview mit Fussballeck spricht Goransch nun über seine aktuelle Situation während der Corona-Krise, den mexikanischen Fußball und eine mögliche Zukunft in Europa.

Hallo Adrian! Du bist gerade wieder in Deutschland. Wie ist das Ganze in Mexiko bezüglich der Corona-Krise abgelaufen?

Goransch: Sie haben uns gesagt, dass wir zuhause bleiben sollen. Schon relativ früh habe ich gefragt, ob es in Ordnung ist, wenn ich zurück zur Familie fliege. Zunächst hieß es: ‚Nein, bleib erst einmal vor Ort und warte ab wie das Ganze verläuft.‘ Ungefähr zwei Wochen später war dann klar, dass wir einen Monat lang nicht trainieren und spielen können. Dann bin ich quasi mit dem letzten Flieger wieder rübergeflogen.

Was noch erwähnenswert ist, ist, dass sie die zweite mexikanische Liga, in die ich ausgeliehen war, abgebrochen haben. Die zweite Liga wird für fünf Jahre quasi aus der Wertung genommen. Es wird keinen Auf- und Abstieg mehr geben.

Du spielst seit Anfang des Jahres in Mexiko. Nach deinem Wechsel zu Club America wurdest du direkt an Zacatepec verliehen. Zuvor warst du dein komplettes Leben in Wolfbsurg. Wie kam der Wechsel nach so vielen Jahren in Deutschland zustande?

Ich war wirklich mein ganzes Leben lang beim VfL. Irgendwann war ich einfach der Meinung, dass ich den nächsten Schritt gehen muss, weil ich in Wolfsburg auch nicht zum Zug gekommen bin. Dann habe ich meinem Berater gesagt, dass ich den Verein gerne im Winter verlassen will. Über einen Kontaktmann haben wir dann das Angebot von Club America bekommen. Nach ein paar Stunden hat dieser bereits eine Nachricht bekommen, dass ich mir den Klub anschauen soll. Für jeden, der sich ein bisschen auskennt in Amerika ist Club America ein großer Name. Durch meine Wurzeln als Mexikaner – ich bin ja auch ein paar Mal hingeflogen – habe ich mir das auch angeguckt. Dann war es für mich tatsächlich sehr einfach zu sagen: Komm wir gehen den nächsten Schritt.

Wurde dir bei deinem Wechsel zu Club America  gesagt, dass man dich direkt weiterverleiht?

Ich habe mein Leben lang in Wolfsburg gespielt und wurde quasi im Ausland ausgebildet. Es gibt allerdings nur acht Ausländerplätze. Die waren schon besetzt. Da ich im Ausland ausgebildet wurde, würde ich eine Saison, als Ausländer gelten, obwohl ich einen mexikanischen Pass habe. Deswegen haben sie gesagt, ‚wir leihen dich zu unserem Partnerverein in die zweite Liga aus‘. Ähnlich wie bei RB Salzburg und Liefering. Sobald klar wurde, dass sie mich nicht als Mexikaner registrieren können, haben sie mir das gesagt.

Adrian Goransch: „Beeindruckend mit Ochoa und dos Santos am Tisch“

Trotz der Leihe hast du ein paar Tage bei America mitgemacht. Wie waren deine ersten Eindrücke?

Goransch: Ich muss ehrlich sagen, es war schon beeindruckend. Ich war ungefähr Anfang Dezember, also drei Wochen vorher, schon mal da, um mir das Ganze anzugucken. Da hatte ich Karten bekommen für mich und meine Familie aus Mexiko, damit wir uns ein Spiel anschauen können. Sie spielen ja im Azteken-Stadion mit 80.000 Zuschauern. Es war das Halbfinale in der Meisterschaft und sie mussten gewinnen, um weiterzukommen. Das war Gänsehaut pur! Da war für mich klar, wenn es etwas Ernstes werden sollte, dann will ich auf jeden Fall hierher kommen und in diesem Stadion spielen. Als ich dann die Trainingsanlage gesehen und den Medizincheck absolviert habe, war es schon eindrucksvoll. Auch mit einem Ochoa, der auch bekannt ist wegen der WM, und Giovanni dos Santos am Tisch zu sitzen, war beeindruckend.

Foto: Instagram @adriangoransch

Wie wurdest du von deinen Mitspielern empfangen?

In Mexiko sind die Leute grundsätzlich ziemlich offen. Sie reden alle mit dir und fragen wo du herkommst, auch wenn du aus Mexiko bist. Die Jungs haben mich schon echt gut aufgenommen, aber ich finde es war auch ein großer Konkurrenzkampf dabei. Also auch im Training. Sie pushen sich gegenseitig, Mexikaner unter Mexikaner. Mein Spitzname war ‚El Aleman‘ (übersetzt: ‚der Deutsche‘). Aber ansonsten sind eigentlich alle cool drauf.

Hättest du auch weiterhin die Möglichkeit gehabt in Deutschland zu bleiben? Hätte es andere Optionen gegeben?

Ja, auf jeden Fall. Ich glaube erst recht als Linksverteidiger, Linksfuß und beim VfL ausgebildet, ist ja immer gefragt. Ich denke schon, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte.

Goransch: „Für die Mexikaner gibt es nur Fußball“

Wie hat sich dein allgemeines Leben seit dem Wechsel nach Mexiko verändert? Inwiefern spielt die Kriminalität eine Rolle für dich?

Goransch: Es ist schon etwas anderes. Mir persönlich ist bisher noch gar nichts passiert. Aber mir wurde natürlich direkt gesagt, dass ich abends am besten nicht mehr rausgehen soll. Oder so Dinge wie auf der Autobahn höchstens einmal Lichthupe, ansonsten einfach hinter dem Auto bleiben, gehe nicht in Clubs, solche Sachen halt. Es ist auf jeden Fall ein anderes Leben, aber ich glaube das Positive überwiegt. Dort wo ich gelebt hatte, waren es immer 25 Grad, Sonne und ein Pool. Sowas genießt man halt auch.

In der mexikanischen Liga wird vergleichsweise gut bezahlt. Immer mehr bekannte Spieler aus Europa wechseln nach Mexiko. Jeremy Menez und Giovanni dos Santos sind nur zwei Beispiele. Denkst du die Liga ist allgemein im Aufschwung oder liegt es hauptsächlich am lukrativen Gehalt?

Die mexikanischen Fans drehen wirklich komplett durch. Für die gibt es nur Fußball. Die ganze Kultur, die noch dazukommt, ist ein Punkt, warum viele Leute hierhin gehen. Natürlich spielt aber auch die Bezahlung eine Rolle.

Wie waren deine Eindrücke bei Zacatepec? Welche Unterschiede gab es zu America?

Es war schon anders. Der Unterschied in Mexiko zwischen der ersten und zweiten Liga ist riesig. Die Stadien sind alle gut, aber die Trainingsbedingungen sind wirklich vergleichsweise miserabel. Wir hatten zum Beispiel bei Zacatepec keinen Kraftraum. Vom VfL war ich gewohnt, nach dem Training ins Gym zu gehen, deswegen musste ich mich dort bei einem ganz normalen Fitnessstudio anmelden. Ansonsten waren die Plätze auch nicht gerade besonders – im Vergleich zu Club America. Trotzdem ist es insgesamt schön. Alle sind mit Herz dabei, geben Gas und am Ende ist es das Schönste, einfach Fußball zu spielen, egal wie die Gegebenheiten sind. Das kam mir zugute. Wenn man sein Leben lang beim VfL spielt, wirst du halt schon ein bisschen verwöhnt. Wolfsburg tut wirklich alles, damit es dem Spieler gut geht. Insgesamt hat es geholfen, um wieder auf den Boden zu kommen. Zacatepec war glaube ich für mich eine gute Erfahrung.

Du bist noch bis Ende Juni ausgeliehen. Weißt du schon, wie es danach weitergeht?

Das weiß ich tatsächlich auch nicht. Ich habe mit dem Sportdirektor geschrieben. Er meinte, dass er mir noch Bescheid sagt, wie es weitergeht. Rein theoretisch und was mir gesagt wurde, ist, dass ich zurückkomme. Inwiefern das jetzt wirklich passiert und es jetzt weiter läuft, ist schwer zu sagen. Stand jetzt gehe ich davon aus, dass ich zurückgehe.

Goransch: „Jeder Fußballer träumt davon, in Europa zu spielen“

Was sind deine fußballerischen Ziele in der Zukunft?

Goransch: Mein Ziel ist es, wieder zurück nach Europa zu kommen. Ich glaube, jeder Fußballer auf der ganzen Welt träumt davon, in Europa Fußball spielen zu können. Viele gehen ins Ausland, um die Karriere ausklingen zu lassen oder Ähnliches. Ich hab es jetzt andersrum gemacht, was mir ja auch irgendwie Erfahrung bringt.

Wenn du irgendwann die Chance hast: Würdest du für Mexiko oder Deutschland auflaufen?

Ich hab immer gesagt, dass die Nation, die mich zuerst kontaktiert und mich haben will, einen Vorteil hat. Stand jetzt würde ich mich schon für Mexiko entscheiden, weil ich mich dort auch ein bisschen verbundener fühle. Aber ich habe jetzt auf jeden Fall noch nichts in Stein gemeißelt.

Fussballeck dankt für das Interview!